Zukünftig wird die elektronische Rechnungsstellung (eRechnung) für Unternehmer, die Rechnungen an andere Unternehmer (B2B-Rechnungen) stellen, verpflichtend. Der Bundesrat hat dieser Neuregelung im Rahmen des Wachstumschancengesetzes am 22. März 2024 zugestimmt.

EU-Rechtsetzungsvorschlag „VAT (Value Added Tax) in the digital age“ (ViDA)

Im Rahmen des EU-Rechtsetzungsvorschlags „VAT (Value Added Tax) in the digital age“ (ViDA) hat die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, die das Ziel verfolgen, das Mehrwertsteuersystem der Europäischen Union zu modernisieren. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, das System für Unternehmen zu vereinfachen und es widerstandsfähiger gegen Betrug zu machen. Ein zentraler Baustein ist hierbei die Digitalisierung, insbesondere durch die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung. Der Europäischen Union sind im Jahr 2020 Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von etwa 93 Milliarden Euro entgangen, wobei nach konservativen Schätzungen ein Viertel dieser Summe auf Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU zurückzuführen ist. Für Deutschland wird ein Betrag von etwa 11 Milliarden Euro an entgangenen Steuereinnahmen geschätzt.

Das neue System sieht vor, dass die digitale Meldung für Mehrwertsteuerzwecke auf Basis der elektronischen Rechnungsstellung in Echtzeit erfolgt. Dies soll den Mitgliedstaaten wertvolle Informationen liefern, die zur besseren Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug, insbesondere von Karussellgeschäften, notwendig sind.

Ursprünglich war geplant, dass diese Änderungen im Jahr 2028 in Kraft treten. Mittlerweile wird jedoch über eine mögliche Einführung dieses Reporting-Verfahrens im Zeitraum von 2030 bis 2033 nachgedacht.

Umsetzung des Koalitionsvertrags

Die aktuelle Bundesregierung möchte nicht bis 2030 warten. Im Koalitionsvertrag wurde daher vereinbart, ein einheitliches bundesweites Meldesystem zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen früher einzuführen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem ersten Schritt zur späteren Einführung eines transaktionsbezogenen Meldesystems die obligatorische Verwendung von elektronischen Rechnungen (eRechnungen) für inländische B2B-Umsätze vorgeschlagen.

Da eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auf Grundlage der verpflichtenden Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zunächst nicht möglich war, benötigte Deutschland eine Ermächtigung nach Artikel 395 MwStSystRL. Diese Ermächtigung liegt mittlerweile vor. Durch das Wachstumschancengesetz wurde geregelt, dass die eRechnung im B2B-Bereich in Deutschland verpflichtend wird.

Die umsatzsteuerliche Neuregelung

Die umsatzsteuerliche Neuregelung sieht in § 14 Abs. 1 bis 3 UStG vor, dass eine Rechnung jedes Dokument ist, mit dem eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, unabhängig davon, wie das Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Eine Rechnung kann als elektronische Rechnung oder vorbehaltlich des Absatzes 2 als sonstige Rechnung übermittelt werden. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird. Die Zustimmung des Empfängers ist bei der Übermittlung einer elektronischen Rechnung oder einer sonstigen Rechnung in einem elektronischen Format erforderlich, es sei denn, es besteht eine Verpflichtung nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1.

Das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung muss entweder der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen oder zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden, vorausgesetzt, dass das Format die richtige und vollständige Extraktion der erforderlichen Angaben ermöglicht.

Wenn ein Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführt, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. In bestimmten Fällen ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen, sofern der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist. Die Verpflichtung zur Ausstellung einer elektronischen Rechnung besteht, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten ansässig sind.

Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit einer Rechnung müssen gewährleistet sein. Dies kann durch innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen der Rechnung und der Leistung schaffen. Bei einer elektronischen Rechnung gelten die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch eine qualifizierte elektronische Signatur oder den elektronischen Datenaustausch (EDI) gemäß der Empfehlung 94/820/EG der Kommission.

Zusätzlich wurde dem § 27 UStG ein neuer Absatz 38 hinzugefügt, der Übergangsfristen bis zum 31. Dezember 2027 für die Übermittlung von Rechnungen auf Papier oder in einem elektronischen Format vorsieht, das nicht den neuen Anforderungen entspricht. Diese Fristen gelten für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 800.000 Euro oder bei Verwendung des EDI-Verfahrens.

Ab dem 1. Januar 2028 sind die neuen Anforderungen an elektronische Rechnungen zwingend einzuhalten. Dies schafft die Voraussetzungen für das im Koalitionsvertrag vorgesehene Meldesystem sowie die EU-weit geplanten ViDA-Maßnahmen. Unternehmer, die sich auf das EDI-Verfahren stützen, müssen sicherstellen, dass die erforderlichen Informationen korrekt und vollständig extrahiert werden können, um der CEN-Norm EN 16931 zu entsprechen.

Auf der Eingangsseite der Rechnungen gibt es jedoch keine Übergangsfristen: Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle inländischen Unternehmer elektronische Rechnungen annehmen, sofern der Rechnungsaussteller sich für diese Form entscheidet.

Umsetzung in der Praxis

In der Praxis wird dies bedeuten, dass Unternehmen, auch kleine und mittlere Betriebe, ihre IT-Systeme anpassen müssen, um elektronische Rechnungen verarbeiten zu können. Insbesondere für kleinere Unternehmen wird dies einen erheblichen Umstellungsaufwand bedeuten. Die auf der Ausgangsseite gewährten Übergangsregelungen sind daher nur von geringer Erleichterung. Der Bundesrat teilte ursprünglich diese Bedenken und schlug eine Verschiebung der Einführung um zwei Jahre auf den 1. Januar 2027 vor. Diese Bedenken wurden jedoch letztlich nicht umgesetzt.

Für den Vorsteuerabzug gelten weiterhin die bestehenden Regelungen. Fehlerhafte Rechnungen, die in einem nicht konformen Format übermittelt werden, sollten den Vorsteuerabzug nicht gefährden, wenn dieser durch andere Nachweise (z. B. eine PDF-Rechnung) erbracht werden kann. Bei Umsätzen an Endverbraucher (B2C) bleibt die elektronische Rechnung auch zukünftig von der Zustimmung des Empfängers abhängig.

Auch Unternehmer, die steuerfreie Leistungen erbringen, wie Ärzte oder Vermieter, müssen ab dem 1. Januar 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu archivieren. Dies betrifft auch Betreiber von Photovoltaikanlagen, unabhängig davon, ob sie als Kleinunternehmer agieren. Betreiber von Photovoltaikanlagen müssen dem Netzbetreiber zukünftig eine elektronische Rechnung stellen oder erhalten eine Gutschrift als eRechnung.

Die Finanzverwaltung wird voraussichtlich zeitnah weitere Informationen und ein Einführungsschreiben zu diesen neuen Regelungen herausgeben. Wir informieren Sie gerne über die weiteren Neuerungen.

Sollten Sie Fragen zur Umsetzung bzw. zur Umstellung ab dem 01.01.2025 haben, sprechen Sie uns an. Das Team der F.E.L.S Steuerberater steht Ihnen gerne zur Verfügung. 

Die Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen aufbereitet und recherchiert. Dennoch kann keine Gewähr auf Aktualität und Richtigkeit übernommen werden. Diese Information kann keine individuelle Beratung ersetzen.

Sebastian Morgenstern
Dipl.-Kaufmann (FH)
Steuerberater

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